Die Schwarzen Brüder - Freilicht-Schaupiel, Regie Mirco Vogelsang
Als Kostümbildnerin für die Produktion "Die Schwarzen Brüder" hatte ich eine große Herausforderung zu bewältigen. Die Uraufführung des Stücks hatte bereits sieben Jahre zuvor in der Schweiz stattgefunden, und ich hatte damals die Ehre, der einstigen Kostümbildnerin Erna Büchel zu assistieren. Doch für die Neuinszenierung wollte ich mich von dem alten Kostümbild komplett lösen und das Stück wieder historisch anmutend auf die Bühne bringen.
Ich ließ mich von Gemälden italienischer Maler aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts inspirieren, der Zeit, aus der die Überlieferungen über die verschleppten Kaminfegerkinder stammen. Diese Gemälde inspirierten mich in der Schnittgestaltung der Kostüme. Kleine Anzüge aus unterschiedlichen, groben Wollstoffen für die Spazzacamini Giorgio und Alfredo sowie für ihre anderen schwarzen Brüder und ihre Kaminfegermeister in schwarzen Holland-Leinen. Die Zylinder waren zum Großteil alt und zerschlissen, von diversen Dachböden Deutschlands zusammengeklaubt. Für die frustrierte Frau Rossi und ihren intriganten Sohn Anselmo verwendete ich giftig-grünes Leinen, und die kränkelnde Angeletta trug einen zarten Leinenbatist. In einer Trödel-Garage fand ich einige über 100 Jahre alte Leinenhemden, die die Wölfe unter ihren mit Nieten besetzten Westen trugen. Das bunte Markttreiben um Carla und Elisa wurde in Karostoffen und Streifenleinen eingefangen, und die fröhlichen Szenen um Koch Paolo und seine Magd Anna und den anderen Assistentinnen wurden in klassischem blau/weißen Küchenkaro eingerahmt. Die reiche Jungfer trug hoffnungsvolles Grün und verschmolz auch in dieser Version mit ihrem Damast-Sofa.
Kein Fundus kam zum Einsatz, alle Kostüme wurden neu angefertigt. Die Hauptdarsteller entstanden in Hannover bei meinem geschätzten Kollegen und Freund Sören Witt und seinen Näh-Elfen, der Rest des Ensembles in den großartigen Werkstätten der Art Factory in Bratislava, Slowakei.
Meine Assistentinnen Nathalie Himpel und Anna Schniersmeyer sowie unsere Praktikantin Josephine Meyer durchsuchten 2nd-Hand-Läden im Umkreis nach groben Schnürschuhen und gaben den Kostümen vor Ort den letzten Schliff in Form von Längenangleichungen der unzähligen Rocksäume und Patina für alle Hemden, Jacken und Hosen, die durch die Kamine kriechen sollten.
Das Kostümbild für "Die Schwarzen Brüder" war für mich persönlich eine aufregende Herausforderung. Ich musste sicherstellen, dass jedes Kostüm streng historisch korrekt war und gleichzeitig dem Publikum ein einzigartiges Theatererlebnis bieten würde. Dank der Inspiration aus der italienischen Malerei und der Unterstützung meines Teams konnte ich diese Herausforderung meistern und bin stolz auf das Ergebnis.